Du möchtest Annes Erfahrungsbericht lieber hören, anstatt ihn zu lesen. Kein Problem, hier kommt eine Audioversion für dich:

Wer ich bin

Hallo, mein Name ist Anne (Name geändert) und ich bin zur Mitte meines Studiums psychisch erkrankt.
Ich habe bis vor kurzem an der Katholischen Hochschule (KatHO) am Standort Köln Soziale Arbeit studiert und mittlerweile meinen Bachelor erfolgreich abgeschlossen. Seitdem arbeite ich als Sozialarbeiterin im Bereich der Jugendhilfe.

Warum die KatHO?

Damals hatte ich auch eine Zusage für einen Studienplatz in einer anderen Stadt, habe mich aber wegen des sehr guten Rufs für die KatHO entschieden.
Die KatHO hat ein relativ aufwändiges Bewerbungsverfahren, zumindest im Vergleich zu anderen Hochschulen. Ein großer Vorteil ist, dass auch Praxiserfahrung angerechnet wird und nicht nur die Abiturnote zählt.

Meine Beeinträchtigung

Meine Erkrankung ging mit starken Ängsten einher. Sie hat mich in selteneren Fällen im Studienalltag, hauptsächlich aber in Prüfungssituationen eingeschränkt. Von der Erkrankung wussten an der Hochschule lange nur zwei andere Studierende etwas. Später aber auch wenige Dozierende und das Prüfungsamt.
Das Thema war anfangs für mich sehr schambesetzt, vor allem, weil sich ein ehemaliger Professor einmal im Seminar fast etwas belustigt zum Angebot der psychologischen Beratung an der KatHO geäußert hat. Er müsse auf das Angebot aufmerksam machen, aber wir würden es ja wohl eher nicht brauchen. Das hat mich damals nicht nur sehr geärgert, sondern auch sehr getroffen. Auch wenn diese Einstellung ganz bestimmt nicht alle Dozierenden teilten, hat es mich nicht gerade ermutigt, offener mit meiner Beeinträchtigung umzugehen.

Hürdenlauf Nachteilsausgleich

Später habe ich einen Nachteilsausgleich für schriftliche Prüfungen beantragt, ursprünglich eine Schreibzeitverlängerung und einen eigenen Raum. Wegen Corona und der veränderten Prüfungsordnung mit Prüfungen von zu Hause aus hatte sich der eigene Raum erledigt und ich bekam eine Schreibzeitverlängerung. Auf dem Weg zum Nachteilsausgleich habe ich mich bei der Beauftragten für Studierende mit Beeinträchtigungen beraten lassen und auch die Beratung des Kölner Studierendenwerks genutzt.
Das Angebot der psychologischen Beratung vor Ort habe ich nicht genutzt, weil ich bereits durch meine Psychotherapeutin versorgt war.
An der Hochschule selber sind mir außer der Psychologischen Beratung und der Beauftragten für Studierende mit Beeinträchtigung keine weiteren Angebote für Studierende mit Beeinträchtigung bekannt.
Letzteres Angebot bezog sich, wie sich schnell rausstellte, meiner Meinung nach bis dato wohl eher auf körperliche Erkrankungen. Leider hatte – zum Zeitpunkt meines Antrags- scheinbar noch niemand an der KatHO Erfahrung mit einem Nachteilsausgleich bei psychischen Beeinträchtigungen und die Beauftragte für Behinderung ihren Posten erst frisch angenommen. Es gab keine Formulare. Es war unklar, ob die Erkrankung von einem Psychotherapeuten, Arzt oder Facharzt bescheinigt werden sollte. Für mich war es schwierig, Informationen über das ganze Vorgehen zu bekommen. Das Procedere hat sich über mehrere Semester gezogen. Deshalb habe ich mich zwischendurch auch an den Dekan und den ASTA gewendet, da das Verfahren mein Studium verlängerte und ich nur noch die Prüfungen, für die ich den Nachteilsausgleich beantragt hatte, ablegen musste, bevor es an die Bachelorarbeit ging.

Was ich mir wünsche

Lange war mir nicht klar, dass ein Nachteilsausgleich für mich überhaupt eine Option sein könnte, obwohl ich körperlich nicht eingeschränkt bin oder war. Ein Hinweis auf der Internetseite der KatHO zum Thema studieren mit Behinderung hätte mir gut geholfen. So hätten auch zukünftige Bewerber*innen schon Informationen dazu, falls sie selber betroffen sind. Ich hätte mir gewünscht, dass schon am Anfang bei Beantragung des Nachteilsausgleichs eine Beratung dazu stattgefunden hätte. Die Möglichkeiten sind nämlich vielfältiger, als ich gedacht hätte. Mittlerweile gibt es im Intranet der Hochschule ein Formular, welches man von Ärzt*innen/Therapeut*innen ausfüllen lassen kann. Ich glaube, die größte Hilfe wäre mir damals jemand gewesen, der selber Erfahrung mit der Beantragung von Nachteilsausgleich usw. an der KatHO hat. Vielleicht eine Art organisierte Gruppe oder eine Ansprechperson unter den Studierenden zum gegenseitigen Austausch.

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